Der Schmerz ist eine Leistung des Gehirns und des Nervensystems zum Schutz des Körpers vor schädlichen Einflüssen und vor Überlastung. Damit der Schmerz seine Schutzfunktion angemessen und nicht übertrieben ausüben kann, verfügt das Nervensystem über eine Reihe von schmerzhemmenden Verschaltungen, die z.B. leichte Berührungen oder Wärme nicht als Schmerz erscheinen lassen. Wenn diese schmerzhemmenden Systeme versagen (z.B. bei übergroßem Schmerz, übergroßer psychischer Belastung oder Nervenschädigung), kann sich der Schmerz verselbständigen und als chronischer Schmerz Körper und Seele erheblichen Schaden zufügen.
Zur Beseitigung des Schmerzzustandes ist daher eine gründliche Schmerzanalyse mit Erörterung der Vorgeschichte, körperlicher Untersuchung, evtl. Röntgen und Labor (z.B. Osteoporose, Rheuma, Gicht, entzündliche Prozesse) unerlässlich. In den letzten Jahren hat sich das Wissen über den Schmerz sehr erweitert. Man unterscheidet verschiedene Schmerzarten und ihre besondere Vorgeschichte und kann den Schmerz daher ganz unterschiedlich und entsprechend seiner Eigenart angehen. Von großer Bedeutung ist der Zugang zum Schmerzgedächtnis in Rückenmark und Gehirn. In dieser Praxis werden regelmäßig fachübergreifendeSchmerzkonferenzen durchgeführt, in denen Patienten mit besonderen Schmerzzuständen sowohl mit Kollegen und Ärzten anderer Fachrichtungen als auch mit den behandelnden Krankengymnasten erörtert und spezielle Lösungen für sie erarbeitet werden.
Es kommen neben den verschiedenen Formen der medikamentösen Behandlung, wie Schmerzinfusionen, gezielten Injektionen an die Wirbelgelenke und speziellen Injektionen in die Extremitätengelenke (Lokalanästhetika, Cortison, Hyaloronsäure), auch Chirotherapie (bei Blockierungen), Osteopathie, Akupunktur und Neuraltherapie zum Einsatz sowie physikalische Maßnahmen und die Einleitung von Verhaltenstherapie und Psychotherapie.
Wie entstehen Schmerzen und wo sitzen sie eigentlich?
Vereinfacht ausgedrückt, haben Schmerzen ihre Ursache im Körper, entstehen im Rückenmark und befinden sich dann im Kopf. Das folgende Schema verdeutlicht die zentrale Rolle des Rückenmarks für die Entstehung des Schmerzes:
Der "alltägliche Schmerz" ist die sogenannte neurogene Entzündung, bei der durch eine körperliche Verletzung eine Gewebsschädigung entsteht, welche die freien Nervenendigungen im Gewebe reizt und eine Überempfindlichkeit der betroffenen Körperregion verursacht. Mit dem Verschwinden der Ursache verschwindet meistens auch der Schmerz.
Der neuropathische Schmerz dagegen ist eine abnorme Erregbarkeit von Nervenfasern, die durch Nervenquetschung oder -verletzung oder auch durch Nervendurchtrennung bei Operationen verursacht wird. Der Nerv wird damit zur eigenständigen Schmerzquelle. Dieser Schmerz ist brennend, "wie elektrisch" und tritt erst einige Zeit nach der Verletzung auf. Der neuropathische Schmerz neigt dazu, chronisch zu werden, vor allem, wenn Ursachen des psychogenen Schmerzes hinzutreten. Deshalb ist hier frühe Erkennung und Behandlung besonders wichtig.
Chronifizierung kann aber auch durch immer wiederkehrenden, körperlichen Schmerzreiz auftreten, indem biochemische Prozesse in den Neuronen der Umschaltstelle im Rückenmark eine derartige genetische Veränderung der Zelle herbeiführen, dass diese auch ohne äußerliche Reizung ständig "Schmerz" an das Gehirn meldet.
Über die Nervenstränge des Rückenmarks, die aufsteigenden Bahnen, erreichen die Reize aus dem Körper das Gehirn. Formatio reticularis, Hypothalamus und Thalamus sind Teile des Gehirns, welche diese Reize nach Intensität, Herkunft, Bekanntheit oder Wiederkehr sortieren und filtern. Das limbische System ist der "Sitz der Gefühle". Hier entstehen Freude und Angst und die Motivation für unser Handeln. Das limbische System misst den durchkommenden Reizen eine Bedeutung zu (z.B. angenehm, unangenehm, beängstigend, harmlos) und verfestigt sie dann im Großhirn als bewusste Tatsache.
Die Bewertung der Schmerzen im limbischen System wirkt zurück auf die spätere Durchlässigkeit in den Filterstrukturen einerseits und die Verfestigung im Gehirn andererseits.
Seelischer Schmerz wird im Gehirn in den gleichen Regionen verarbeitet wie körperlicher Schmerz, daher kann psychische Belastung körperlichen Schmerz verursachen oder verstärken.
Die absteigenden Bahnen führen schmerzhemmende Nervenfasern, die das Gehirn vor übergroßem Schmerz schützen sollen. Sie wirken über körpereigene Betäubungsstoffe (Opioide). Auch sie sind gesteuert über das limbische System und bieten daher einen Therapieansatz für Verhaltensänderung, Psychotherapie und Psychopharmaka.
Nur bei einer zentralen Läsion liegt die Schmerzursache im Gehirn selbst, wie z.B. nach Hirnverletzung, Hirnentzündung oder Schlaganfall. Ebenso beim psychogenen Schmerz. Hier entsteht Schmerz als körperlicher Ausdruck für innere Konflikte oder Ängste.
Sekundäre Hyperalgesie entsteht durch anhaltende Reizung von Schmerzfasern (z.B. aus dem Gelenk bei einer nicht ruhiggestellten Verstauchung oder nach Bandscheibenoperationen), deren übergroße Aktivität auch benachbarte, normalerweise nicht schmerzleitende Nervenfasern so umfunktioniert, dass schon eine leichte Berührung äußerst schmerzhaft wird.
Diese Vorgänge können über biochemische Veränderungen, komplizierte Reflexbögen und regelrechte Neubildung sensibler Nervenendigungen zu einer Sympathischen Systemaktivierung, d.h. zu einer Beteiligung des vegetativen Nervensystems führen, wodurch ein komplexes Schmerzgeschehen einer ganzen Körperregion entsteht.
Eine somato-motorische Systemaktivierung entsteht durch reflektorische Schutzhaltung bei chronischen, unterschwelligen Schmerzreizen, wie z.B. durch angespannte Haltung am Arbeitsplatz (Computerarbeit, Autofahren). So entstehen muskuläre Dysbalancen, Blockierungen oder chronische Sehnenentzündungen (Tennisarm, Schulterschmerzen, Schmerzen der Kniescheibe).
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